Das dreizehnte Studioalbum von DE/VISION markierte 2016 nicht nur den Neubeginn auf
Produzentenseite, als sich DE/VISION entschlossen, mit Ken Porter (IntuiFon) und Stan Cotey
zwei amerikanischen Musikern den letzten Schliff ihrer Songs erledigen zu lassen, sondern
bescherte dem Berliner Duo mit Platz 11 die bisher beste ChartposiFon der Bandgeschichte.
Das vielleicht zunächst gewagte Experiment, nicht persönlich mit den Produzenten am Album
zu arbeiten, sondern über das Hin- und Hersenden von Musikdateien ist in jeder Hinsicht
geglückt und hat DE/VISION bestärkt, den Erfolgsweg mit ihrem letztem Album „CITYBEATS“
konsequent fortzusetzen. Ken war gemeinsam mit Garre] Miles, bei IntuiFon akFv und
produzierte ab 2004 bereits Remixes für De/Vision.


Hallo Ken, ich freue mich das wir endlich zum lange geplanten Interview kommen und dich
für unser neuestes Projekt, dem zweiten De/Vision Buch, mit einbinden dürfen. Weißt Du
noch, wann Du das erste Mal mit Musik in Berührung gekommen bist?

Danke Dir für das Gespräch. Damals war Duran Duran die erste grosse Band die ich Klasse
fand. Da müsste ich so 11 gewesen sein. Dann natürlich Depeche Mode, Camouflage, Erasure
und dann etwas später De/Vision. Mich hat es eigentlich immer interessiert wie man die
Lieder macht oder produziert, nicht nur zuhört. Die erste Band in der ich dann mal
mitgemacht habe war eine Depeche Mode cover-band. Da dürfte ich so 15 gewesen sein.


Was motiviert dich und was gibt dir Energie?


Wenn es um Musik und Produzieren geht möchte ich mich persönlich immer verbessern. Das
geht natürlich nicht immer, aber was ich meine ist das ich mir auch viel später nochmal die
Songs anhöre und überlege was ich anders machen würde oder könnte. Ich schaue mir auch
viele online tutorial Videos an. Man kann heutzutage soviel durch online tutorials lernen.
Sogar wenn ich mir Videos ansehe wo ich das meiste schon weiss, oder denke das ich es
weiss, man lernt immer etwas neues. Ich finde es toll wieviele Leute sich Zeit nehmen ihr
wissen zu teilen.


Hast du beim Produzieren eine feste RouHne oder leben deine Werke eher von spontanen
Einfällen?


Ich würde sagen das ist unterschiedlich. Bei manchen Songs habe nicht immer gleich eine
Idee, da probiere ich dann so meine RouFne wie zum Beispiel einfach durch Presets gehen
bis ich was höre was mich inspiriert. Manchmal fange ich auch mit loops an, die am Ende
vielleicht gar nicht mehr im Song sind aber die mir Ideen geben.
Bei anderen Songs höre ich dann manchmal sofort was im Kopf und dann versuche ich es
gleich umzusetzen. Manchmal “bounce” ich dann auch Ideen und höre es mir im Auto oder
so an, und wenn ich dann eine Idee habe “singe” ich sie einfach drüber und nehme das auf.
So kam zum Beispiel die Hauptmelodie zu “Who Am I” zustande.


Bekommen die etablierten Musikproduzenten Probleme, wenn jeder alles in seinem
Wohnzimmer herstellen kann?


Ich finde das sehr gut. Damals war es ja schon eher so das wer das beste Equipment ha]e,
ha]e bessere Möglichkeiten als andere. Heutzutage hat fast jeder der Ideen hat die
Möglichkeit das umzusetzen. Man braucht eigentlich nur noch minimales Equipment um sehr
gute Sachen machen zu können. Ich habe schon einige Lieder oder Remixe im Hotelzimmer
oder bei Starbucks gemacht. Wie schon vorher erwähnt, es gibt auch Produzenten die gerne
ihr wissen teilen. Ich finde das alles toll!
Kommen wir zu De/Vision. Wie und wann bist du das erste Mal auf die Jungs aufmerksam
geworden?
Ich habe damals, so gegen 1990, noch in Deutschland gewohnt, bei Giessen um genau zu
sein. Das erste Mal habe ich die Band, damals noch zu 4., in einem kleinen Raum hinter einer
Eisdiele spielen sehen. Damals ist Lorenz noch rumgegangen und hat DM5,00 von jedem
kassiert. Ich ha]e sogar noch eine De/Vision Kasse]e und das T-Shirt gekaub. Dann 17 Jahre
später habe ich die Jungs auf Tour (mit meiner Band IntuiFon) persönlich kennengelernt und
seit dem bin ich guter Freund mit Steffen…
Es folgten über die Jahre so einige Remixe für die Band. Wie kam es zu der Auswahl der
Songs die du bearbeiten durPest und hast du aus deinen angeferHgten Remixen einen
persönlichen Favoriten?
Meine ehemalige Band IntuiFon war damals in den USA unter dem “A Different Drum” Label,
so war auch De/Vision. Der Label Besitzer wusste das ich grosser De/Vision Fan war und
wollte wissen ob ich Interesse hä]e einen Remix von Aimee zu machen. Da war ich natürlich
sofort dabei. Die Band fand den Remix damals so gut das sie ihn nicht nur auf der Single
veröffentlicht ha]en, aber auch auf ihrer “Best Of” und noch einer DVD drauf gemacht
ha]en. Das war natürlich toll! Wenn ich einen Favoriten unter meinen Remixen für De/Vision
habe, dann glaube ich Aimee und Flavo(u)r Of The Week.
2007 warst du mit IntuiHon Support für De/Vision. Wenn du an die Tour zurückdenkst, hast
du besondere Erinnerungen?
Ja, einige. :) Als erstes muss ich sagen wurde mir klar das ich lieber Produzent bin als auf der
Bühne zu stehen. Die Tour war sehr stressig!
Und dann natürlich das Steffen und ich durch diese Tour sehr gute Freunde geworden sind.
Wir sind ob miteinander im Kontakt, Text oder FaceTime. Also, ich würde sagen das es alleine
dadurch wert war das wir die Tour gemacht ha]en. :)
Mit „13“ begann für De/Vision eine neue Ära. Das neue Produzententeam war eines der
wichHgsten Bausteine an diesem neuen Projekt. Kannst du uns etwas von dem
Arbeitsablauf, Wenn du an die Arbeit an dem Album zurückdenkst…
Ja, daran kann ich mich noch sehr gut erinnern. Ich kann mich auch noch genau erinnern als
Steffen mich gefragt ha]e ob ich interessiert wäre. Die ha]en eine show in Los Angeles. Das
ist ca. 6 Stunden mit dem Auto von mir. Da bin ich dann auch mal hingefahren, weil wir uns
schon seit einiger Zeit nicht mehr gesehen ha]en. Vor- und nachdem Konzert ha]en wir uns
dann Backstage unterhalten und Steffen ha]e mich gefragt ob ich interessiert wäre ihr neues
Album zu produzieren. Das war doch überraschend, aber auch eine grosse Ehre.
Wir haben bei “13” sehr viel miteinander kollaboriert. Das heisst Steffen hat uns seine Ideen
geschickt, manchmal 16-32 Takte, wir haben dann sehr viel daran gearbeitet, manchmal das
Lied und Arrangement noch komple] ausgebaut, manchmal neue Chord progressions,
Melodien, Bridge usw. dazu gemacht und wieder an Steffen geschickt. Der hat dann die Vokal
Melodien gesucht, und die eingesungen, das heisst keine Wörter sondern nur so “da da da
da” wie man die Vokal Melodien singen würde. Wir haben dann das komple]e Lied ferFg
gemacht und Thomas hat die Texte dazu geschrieben. Am Anfang ha]en wie vor das Steffen
dann irgendwann mal in die USA kommt um Vokals aufzunehmen. Das hat Zeitlich aber nicht
gepasst und er hat dann die Vokals in Deutschland aufgenommen, und wir haben sie dann
hier ediFert und in die Lieder gemischt, usw.
Ich glaube der Vorteil war das ich schon sehr lange ein De/Vision Fan war und ich wollte
gerne ein Album machen was ich als Fan sehr gerne hören würde. Also, neue Sachen und
auch ein bisschen von dem alten De/Vision musste dabei sein.
Steffen hat uns viel Freiheit bei diesem Album gelassen, weil alles eigentlich sehr gut lief. Am
Ende wurde es dann doch noch zeitlich knapp. Stan und ich haben ja noch normale Jobs, also
an diesem Album mussten wir dann Abends und am Wochenende arbeiten. Das wusste
Steffen auch, und deshalb ha]en wir auch schon sehr früh mit der Arbeit des Albums
angefangen.
Nachdem das Album auf Platz 11 in den Media Control Charts gekle_ert war und so die
höchste deutsche Charts-Platzierung in der Bandgeschichte bedeutet ha_e, habt ihr noch
einmal an dem Album „geschraubt“ und die Songs in der TradiHon von Maxi-Singles, die in
den 80er Jahren so populär gewesen sind, sich noch freier enbalten zu lassen. Was folgte
war ein tolles 13 Extended Paket, was viele Fans begeistert hat. Wie genau kann man sich
des Vorangehens weise an solch einem Projekt sich vorstellen, wo das Album ja schon
ferHg war, und man die Melodiestrukturen erweitert bzw. noch mehr herauskristallisiert?
Also, ich muss sagen das Projekt hat uns sogar noch mehr Spass gemacht. Es waren viele
Kleinigkeiten in der ProdukFon der Songs die man vielleicht wegen dem Gesang hier oder da
nicht immer gut hören konnte. Mit der Extended Version ha]en wir dann die Möglichkeit
noch ein bisschen die Musik und Parts herauszubringen. Stan ha]e einige neue Parts mit
seinem Modularen System gemacht und mir dann die audio Spuren geschickt und ich habe
mich um die Arrangements und das ediFeren gekümmert.
Zwei Jahre später folgte der Nachfolger „Citybeats“. Wenn du die Arbeit zum Vorgänger
Album vergleichst, was habt ihr anders gemacht
Dieses Projekt war viel schwieriger für Stan und mich. Bei diesem Album ha]en wir nicht
mehr soviel ProdukFons Freiheiten. :) Obwohl wir das Album am Anfang so angegangen
waren wie “13”, wurde es uns schnell klar das dieses Album nicht so einfach klappen würde
wie der Vorgänger. Das erste Lied das wir produziert ha]en war “Last Goodbye”, und ich
glaube man könnte das auch auf “13” machen und es würde passen. Steffen wollte aber
doch unbedingt das sich nicht alles so wie das vorherige Album anhört, was natürlich Sinn
macht. Wir ha]en das alles etwas unterschätzt. Zu dem Zeitpunkt war Stan auch schon nach
Kalifornien gezogen, also konnten wir uns auch nicht mehr Abends nach der Arbeit oder am
Wochenende so einfach treffen. Am Ende ist es ein gutes Album geworden, aber es gibt
einige Sachen die ich von der ProdukFon her anders machen würde, und eigentlich auch
besser machen müsste, wenn wir es nochmal machen würden.
Deine persönlichen Favoriten auf den beiden von euch produzierten Alben?
Ich muss zugeben das mir alle Lieder auf “13” gefallen. Meine Tochter singt bei “Starchild”,
also das auf alle fälle, “The Firing Line” und auch “Essence”. Aber wie gesagt es gibt kein Lied
das mir nicht gefällt. :)
Bei Citybeats finde ich “Last Goodbye” und auch “A Storm Is Rising” am besten.
Sollen sich noch unbekannte Künstler am Mainstream orienHeren, um verkaueare Musik
zu machen, oder geht es auch abseits von dem, was gerade in ist?
Ich finde man kann sich an alle Musik orienFeren, egal ob mainstream oder underground. Es
gibt viele Mainstream Songs die von der ProdukFon her wirklich Wahnsinn sind, und man
kann viel davon lernen. Ich persönlich finde aber man sollte die Musik machen die einem
Spass macht.
Der Ausbruch des Corona Virus bewegt in diesem Jahr die ganze Welt. Kontaktsperren,
Unternehmen haben ihre Arbeit eingestellt, GeschäPe sind geschlossen. Auch die
Musikindustrie hat hart darunter zu leiden. Wie erlebst du die Momentane SituaHon.
Ja, ich wohne ja in Arizona und bei uns steigen die Zahlen an. Ich vermisse es sehr meine
Freunde und Teil meiner Familie in Person zu sehen. Meine Frau hat ein schwaches
Immunsystem, also da müssen wir schon ganz besonders aufpassen. Ich ha]e eigentlich
Pläne im Juni nach Deutschland zu kommen, da ein sehr guter Freund von mir geheiratet hat,
konnte ich dann aber natürlich nicht.
Was wünschst du dir persönlich und für die Musikbranche für die ZukunP?
Ich persönlich wünsche mir das mir der Spass an der Musik nie weggeht, weil es sich sonst
nicht lohnt weiter zu machen. Ich habe Pläne noch einiges mit Steffen zu machen, das heisst
andere ArFsten zu produzieren und unter Steffen sein Label zu veröffentlichen. Da wird noch
einiges kommen. :)